Wibke Charlotte Gneuß
Literatur
März 2021
„Der von Charlotte Gneuß eingereichte Text ‚Gittersee’ ist höchst beeindruckend. Die junge Autorin schreibt in einem erzählerisch leichten, streng durchrhythmisierten Ton und mit einer Sicherheit, wie man sie selten erlebt. Unbedingt förderungswürdig“
In „Gittersee“ beschreibt Gneuß die 70er Jahre im gleichnamigen Dresdner Vorort: Eine Nazi-Großmutter, ein bemühter Vater, eine abwesende Mutter und eine jugendliche Frau, die sich liebevoll um ihre kleine Schwester kümmert und ihre erste Liebe erlebt; zeltende Jugendliche, die wegen Republikflucht verurteilt werden, eine 16-jährige IM, ein schöner Polizist und eine Enthauptung desselben auf staubiger Landstraße. „Diese Geschichte“, sagt Charlotte Gneuß, „hat mich auch aus persönlichen Gründen gereizt. Zum einen kenne ich den Ort, das Milieu, die Repressionsgeschichten aus der eigenen Familie, zum anderen habe ich eine Lust, den bildungsbürgerlichen Dresden-Romanen einen Text entgegenzusetzen, der von einer ganz anderen Wirklichkeit erzählt.“ Eine Wirklichkeit, die nach wie vor zu wenig bekannt ist: Statistiken gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent der Mitarbeiter:innen der Stasi unter 18 Jahre alt waren.